Foto: ted.com

Hass, Ablehnung, allein gelassen – Wie geht es Monica Lewinsky heute?

Fast 20 Jahre ist es her, dass die Affäre von Monica Lewinsky und dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton bekannt wurde. Ihr Rückzug aus der Öffentlichkeit half ihr nicht. Warum sie heute wieder über ihre Geschichte spricht.

 

Öffentlich erniedrigt

Monica Lewinsky gibt selten Interviews. Der Journalist Jon Ronson fragte sie immer wieder an, mit ihm über „Public Shaming“ zu sprechen, bis sie schließlich zusagte, weil Guardian das Porträt über sie in der Serie „The Web we want“ veröffentlichen wollte, die sich in vielen Texten mit Belästigung, Drohungen und Hass gegen Menschen im Internet auseinandersetzt. „Der erste Schritt ist anzuerkennen, dass es ein Problem gibt“, sagt Lewinsky. Denn kaum eine Person weiß, wie es sich anfühlt von den Kommentaren und Böswilligkeiten anderer überschwemmt zu werden. Es sei leicht gewesen zu vergessen, dass sie eben nicht nur „diese Frau“ war, sondern eine verletzliche Person, „die eine Seele hatte, die einmal unversehrt war.“

“Overnight, I went from being a completely private figure to a publicly humiliated one worldwide. Granted, it was before social media, but people could still comment online, email stories, and, of course, email cruel jokes. I was branded as a tramp, tart, slut, whore, bimbo, and, of course, ‘that woman’. It was easy to forget that ‘that woman’ was dimensional, had a soul, and was once unbroken.” 

Dass ihre Affäre mit dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton öffentlich wurde, ist beinahe 20 Jahre her. Die öffentliche Häme, die Monica Lewinsky seither von vielen Seiten zu spüren bekommen hat, begleitet sie bis heute. Im Interview sagte sie: „Ich versuche noch immer mit dem Trauma zurechtzukommen, (…) Ich habe Angst davor, etwas Falsches zu sagen, dass daraus eine Schlagzeile wird und alles von Neuem beginnt.“ Selbstmord habe sie nie versucht, sagt sie, „aber ich war kurz davor.“

Für immer im Rampenlicht

Monica Lewinsky wird oft zitiert, dass sie alles dafür geben würde, ihre Anonymität zurückzuhaben. Mit einem Schlag war sie weltweit bekannt – etwas, für das viele andere jahrelang arbeiten. Für die Amerikanerin hingegen gab es nicht einmal eine Exit-Strategie aus dem Rampenlicht wie für Politiker, die sich mit dem Karriereende auch von der Medienbühne zurückziehen. Selbst als Lewinsky 2005 nach London ging um einen Master zu machen – sieben Jahre nach dem Öffentlichwerden der Affäre – fand sie nach ihrem Abschluss nirgendwo eine Anstellung. Ihr Weg zu einem normalen Leben jenseits der Öffentlichkeit war versperrt. Heute kritisiert sie: „Ich weiß nicht, warum es in der Story irgendwann nur noch um Oralsex ging, es war eine wechselseitige Beziehung.“

Den entscheidenden Tipp, um ihr Leben in eine selbstgewählte Richtung zu bewegen, bekam sie von ihrer Professorin in London, bei der sie Rat suchte: „Wenn Macht involviert ist, muss es immer ein konkurrierendes Narrativ geben. Und du hast dieses Narrativ nicht.“ Lewinsky erkannte, dass der Rückzug ins Private dazu geführt hatte, dass sich die Erzählung über sie verselbstständigt hatte. Sie würde aktiv etwas tun müssen, um ihre Geschichte steuern zu können.

“Being shamed feels like being a victim of identity theft. One minute you’re a private individual, working out who you are, your likes and dislikes. The next minute, you’re America’s premier blowjob queen.” 

Lewinsky weiß, dass sie ihre Vergangenheit nicht los wird, erzählt sie Jon Ronson. Also entschied sie sich dazu, ihre Erfahrungen dazu zu nutzen, Menschen zu helfen, die ebenfalls Opfer von öffentlicher Erniedrigung und Mobbing wurden.

“Sometimes they’ll say, ‘I went through this, but it’s nothing like what you went through.’ But I tell them that, if I drown in 60ft of water and you drown in 30ft, we both still drowned.“

Ihr Vanity-Fair-Essay „Shame and Survial“, der 2014 im US-Magazin erschien, war ein wichtiger Schritt um Herrin ihrer eigenen Geschichte zu werden. Auf den Text folgten Einladungen zu Konferenzen, unter anderem bekam sie die Möglichkeit, einen Ted-Talk zu halten, mittlerweile arbeiten namhafte Organisationen mit ihr zusammen. Für Vodafone hat sie „Anti-Bullying-Emojis“ designt, damit Menschen sich in schwierigen Situationen online schnell gegenseitig unterstützen können. Die Gifs sind kleine Herzen, die von zwei Armen umschlungen werden. Ihr Rat: Plane keine Gegenattacke gegenüber den Menschen, die dich drangsalieren („Don’t bully the bully“), sondern unterstütze diejenigen, die du unterstützen kannst.

Die #beStrong-Emojis. (Quelle: Vodafone Group)

Hier könnt ihr Monica Lewinskys Ted-Talk „The Price of Shame“ (2015) sehen. Lesenswert außerdem dazu: Eine Social-Media-Managerin von ted.com erzählt, wie sie die Hasskommentarwelle nach Publizieren des Vortrags erlebte.

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