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Diskriminierung von Sportlerinnen – ein blinder Fleck im Feminismus?

Von feministischer Seite aus wird viel zu selten über die Diskriminierung von Sportlerinnen berichtet, findet unsere Community-Autorin. Dabei ist der Gender-Pay-Gap im Sport größer als beispielsweise in Politik, Medizin oder der Weltraumforschung.

 

Frauensport bekommt zu wenig Aufmerksamkeit 

Nach den Hasskommentaren gegen Claudia Neumann zur Männer-Fußball-WM 2018 bekundeten zahlreiche Kolleg*innen ihre Solidarität mit der Fußballkommentatorin. Auch feministische Medien und Organisationen wie EMMA, EDITIONF und der Journalistinnenbund meldeten sich zu Wort.
Alle Unterstützer*innen sind sich einig: Wir brauchen mehr Sportjournalistinnen. Denn nur wenn mehr Frauen Männerfußballspiele kommentieren, wird das zur Normalität. So weit, so überfällig. Doch solange der allgemeine Fokus weiterhin nahezu ausschließlich auf Männersport liegt, wird sich – Sportjournalistinnen zum Trotz – wenig ändern.

Top-100 der bestverdienenden Sportler*innen ohne eine einzige Frau 

Jedes Jahr ermittelt das Wirtschaftsmagazin Forbes die bestverdienenden Sportler*innen der Welt. Was wenig überraschend ist, schlug dieses Jahr hohe Wellen: In den Top-100 befindet sich keine einzige Sportlerin.
Serena Williams, im Vorjahr als einzige Frau noch auf Platz 51, ist nach ihrer kurzen Babypause nicht mehr auf der Liste. Maria Sharapova, 2016 auf Platz 88, wurden ihr Doping und die daraus resultierende Sperre zum Verhängnis.

Fußballerinnen, Golfspielerinnen, Boxerinnen oder Eishockeyspielerinnen – Fehlanzeige. Tennis scheint die einzige Sportart zu sein, in der Frauen genug Preis- und Werbegelder abgreifen können, um ansatzweise im Dunstkreis der bestbezahlten Sportler aufzutauchen.
Dass mit Floyd Mayweather ein Sportler die Liste anführt, der mehrfach der häuslichen Gewalt überführt wurde, gibt dem ganzen zusätzlich einen bitteren Beigeschmack.

Mediale Ignoranz verhindert Sponsoreninteresse

Wer den Sportteil einer x-beliebigen Zeitung aufschlägt, wird feststellen, dass zu circa 90 Prozent über Sportler und männliche Sportmannschaften berichtet wird. Sportlerinnen sind meistens nur eine Randmeldung ohne Foto wert, wenn es um Frauen geht überwiegen Tennisspielerinnen. Spielt die deutsche Frauen-Fußballnationalmannschaft oder befindet sich auf Trainerinnensuche, erscheinen auch größere, bebilderte Artikel. Eine der wenigen erfreulichen Ausnahmen ist die Wolfsburger Allgemeine Zeitung, die der überaus erfolgreichen Frauenmannschaft des VfL Wolfsburg regelmäßig ganze Seiten einräumt.

Verglichen mit Männersport macht Sponsoring im Frauensport weltweit gerade einmal 0,4 Prozent (!) aus. Aber warum auchin etwas investieren, das dann medial nicht stattfindet? Umso enttäuschender, wenn man überlegt, dass eigentlich recht geringe Summen reichen würden, um zum Beispiel den Saisonetat einer Bundesligamannschaft zu unterstützen. Allein mit Neymars Einnahmen aus dem letzten Jahr könnten die besten sieben Frauenligen der Welt eine ganze Saison lang betrieben werden.

Rekorde, die zuerst von Frauen gebrochen wurden

In feministischen Zeitschriften oder auf feministischen Blogs spielt Sport eine untergeordnete Rolle. Die EMMA und das L.MAG berichten zwar immer mal wieder über Frauenfußball, insgesamt fehlt aber die Kontinuität. Und genau hier liegt das Problem.

Ohne eine kontinuierliche Berichterstattung über Sportlerinnen entsteht ein verzerrtes Bild der Realität. Ein Bild, in dem nur Männer sportliche Höchstleistungen erbringen und sich spannende Wettkämpfe liefern. Ein Diskurs, in dem ein Sportler für einen neuen Rekord gefeiert wird und es dabei irrelevant ist, dass dieser Rekord schon Jahre zuvor von einer Sportlerin aufgestellt wurde. 

In der aktuellen Diskussion wird nicht erwähnt, dass Claudia Neumann schon seit 2011 WM-Spiele im Fernsehen kommentiert. Und auch nicht, dass seit 2015 mit Stephanie Bacyk längst eine weitere Frau am WM-Mikrofon dabei ist. Denn Frauenfußball ist ja Frauenfußball und kein Fußball.

Berichterstattung über Sportlerinnen ist feministisches Handeln

Aufgrund jahrzehntelanger Medienignoranz fehlt den meisten Frauensportarten ein Narrativ. Ohne Narrativ keine Stars, ohne Stars kein Identifikationspotenzial für Mädchen (und auch Jungen!). Die Weltmeisterschaftstitel der deutschen Frauen-Fußball-Nationalmannschaft 2003 und 2007 hatten bisher keine Auswirkung auf die Zuschauerzahlen in der Bundesliga. Denn über die wird bis heute nur auf, von engagierten Einzelpersonen betriebenen Blogs und wenig attraktiv auf der Webseite des DFB berichtet.

Es wird Zeit, dass Sportlerinnen, ihre Leistungen und ihre Geschichten sichtbar werden. Dass sie gleichberechtigt neben ihren männlichen Kollegen stehen und ihnen nicht untergeordnet werden. Hier sind Feminist*innen in der Pflicht. Nicht nur, um auf den Gender Pay Gap im Sport hinzuweisen. Bereits die bloße Berichterstattung über Sportlerinnen ist feministisches Handeln!

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